Lila Regenflieg

Die Zeitwaisen

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Ich habe sie nirgends gefunden

in: Gesellschaftskritik

Ich habe sie nirgends gefunden,
die Windbögen mit den Silbertönen;
überall nur Kläffmäuler;
blechernes
dumpfes Getöse,
Maschinengesänge,
Endlos-Geleier,
Schreien und Stöhnen -
trostlose Eintönigkeit,
unendliches Nichts -
überall nur Leere
und
endlose
endlose
Öden.

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brief an eine dame

in: die annäherung zweier epidermen am logischen tränenflusz — Blatt 1
Alles und Nichts …

liebe dame,

wir sollten einander zeichen senden, wintermelander und melissen, kulissentee und hornissengeist, geister zwischen all dem untermelanin. mögen Sie melasse (maleasse)?
der abfall vom wein ist das weinen lassen, nämlich ein fall und ein fortlauf von dingen.
liebe dame, auch ich möchte fortlaufen, auch von Ihnen, ... fortlaufen ... und immer sind sie doch da, diese gebinde, bündel von reiseruten, nach nirgendwohin, gerisse, zerrisse und alles nur papier.

papier, auf dem alles beginnt, begann und geduldig sein ende findet. das fade ende eines anfangs oder der anfang eines faden endes? eine fadenheftung also, der grund einer lockenden verbindung ... so sind wir dem faden verhaftet in unserer anhaltenden verpflichtung, in den verkettungen verschlungener, verschlingender dinge; liane und lasso und schlinge, zeichen neben den fäden gehefteten papiers, lingualfäden auf den weiszheiten der binsen ...

gestern träumte ich, dasz ich mit Ihnen ging.
als ich Ihr haar berührte, verbrannte es mir die finger.
mit einem atemzug wie seide kühlten Sie meine hand.

Sie zerflieszen in einem meer von tränen?
dafür danke ich Ihnen.
weinend zu Ihren füszen
Ihr h.

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lieb ellenfeld

in: sich ent-schrei-bendes — Sektion 14
Alles und Nichts …
Absurdes Theaterstück

fortlaufende hörung, flüchtiges bienenbetreten,
anfallen im saal; er hört nicht.

der wald fällt zusammen zwischen den bäumen
zum weg. jch verdurste, verhungere an meinem
orts-sinn, oder war es doch der ur-sinn?
unsinnsort. rot der theorie. so heb jch mir
etwas zum knabbern auf. der kern, der bleibt.
die schale ... fliegt.

einbeiniger mann treibt den strom entlang.
daneben ein treideln und gebläse.
meine augen hängen fest im fernverkehr.
die gedanken still im warmkörperhaus,
an geäse, geäst und knochen-gefräse.

die zeit vergeht schneller, je schneller du fährst.

so ruf jch zu; dem stromtreibenden mann,
und bin am halben kochen. ein ganzes dorf voll
flüssigem gold liegt über alten knochen. au und -au.
linksgestreift liegt eine frau, biologisch abgebaut.

und : auf daß ich mich nicht zu weit erhöbe!
erbo(o)t er sich, mir beim halten behilflich zu sein,
einzuhalten, inne zu halten, halt aus, halt ein,
sei sein. niemals. denn wartend im lieb-ellenfeld
zerzaust und verzweifelt mein liebster fällt ...

so präg jch mir ein:

ich möchte das glitzern des sees
und den glimmer des sand's
dir zu füßen legen, ach !!!!
den ganzen strand, ja ! den ganzen strand !

dann zittere ich dem haus entgegen,
mit eingezogenem bienenbein.

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täglich

in: the daily horror — Szene 82
Alles und Nichts …
Absurdes Theaterstück

die tage sind wie zugenäht.
ich bewege mich in ihnen mehr oder weniger anstößig.
kann anfang oder ende nicht erkennen.
will es auch nicht.
sehe wülstige nähte,
rote fäden.
hautfalten sind in tagescreme gelegt,
eingelegt wie in suppe.

so enter ich durch die gegend und
in manchen momenten ist mir, als ob ich geliere.
als ob mich die anspannung verlässt.
dann denke ich an seewespen-briefe und anderes
würfliges tier.

unter der elektrodrähte summentausch finde ich
manches verlorene wieder. symbole und zeichen.
haltepunkte. halte mich auf oder halte du mich.
auf; in provisorien, verbarrikadiert.

die welt ist: voller ungesehener erinnerungen.
unausgesprochen AUCH.

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der die das - hanglos zu summen

dritter Gesang

in: Alles und Nichts …, Absurdes
Absurdes Theaterstück

13. das kind das nie müde ward – geschnappt vom hahn

„lasz uns müde spielen“ sagt das kind.
der hahn steigt gehorsam aus dem armaturenbett
und fläzt sich in die nesselseide eines neuen sitzes.
er löffelt schnaps aus einer eierschale.

„die sonne setzt sich um sex zur ruhe“ sagt er zwischendrin. das kind setzt sich ans bett und stampft ungeduldig mit dem breifusz. es ruft: „lasz uns müde spielen! dreifusz, breifusz, entzweifusz!
dummer fogel, blödes sein, messerschwarte, pulverscharte, mit dir, da mach ich hühner klein!“

der hahn schwankt ein wenig, er ist sich nicht sicher auf seinem bein, soll er sofort oder nicht oder später die flucht ergreifen und sie gegen das kind richten oder gegen sich selbst oder ...

er entscheidet sich, spannt sich, beginnt den eierlauf um den in der mitte des zimmers stehenden tisch, schieszt aus dem lauf heraus die erste kugel und – trifft !!!
tödlich wie nie zuvor - das kind.

in der nun eingetretenen, völligen stille setzt sich der hahn an den tisch, ölt sein teebäumchen und beginnt an der schreiborgel ein vivacissimo allegro mit einfachem durchschlag auf kindlichtem pergaminpapier zu komponieren.

als er fertig ist, zieht der hahn den bogen aus der orgel.
an dem durchschlag haftet das grauen wie ein passiertes ei.

so es sei.


14. während die rezipientin sich zur erhaltung des gesichtes durch grüne brillen konservierte, wendete der flaschenzug sich zum rotlicht hinab.

dem rezipienten erschien das sehr dienlich,
da sein brennglas eine hohe spannweite erforderte.

brillen von grünem glas
dienen zum erhalt des gesichtes
denn insgeheim verhindert grün
den allzu starken eindruck des lichtes !


15. die blondäugige hyäne !
im letzten falle sieht sie die rothe farbe bis ins innerste.
dann ward sie vom wind zerstreut und nie wieder gesehen.


16. der vorgang, der damit zu tun hat, die unerhörten vorhänge durch öffnen und schlieszen zu durchlüften, versteifte sich beim groszen staatstheater zur kompositorischen kante. das war sein abstieg, vom türsteher zur konserve.


17. die halbseidenen fliederfüszer tragen den eigengeruch vor sich her. die dame liegt nicht richtig. ihr duft, der sich hemmungslos beim selbstzersetzen entfaltet hatte, hängt freischwebend in der umgehungsluft zwischen ruchlosen gräsern.
in ihren zimtroten lippen unter dem dunklen zindeltaft ist noch der schwanz eines fisches zu sehen.
die fliederfüszer nennen sie ehrfürchtig ‚unser liebes futter mi-florence‘.
würdevoll tragen sie ihren eigengeruch vor sich her.
(aus: cu-marina, eine see-renade der selbstzersetzung vom süszlichen fleische der florence)


18. er warf ihr ein paar tage vor, auf die sich stürzte wie ein hund. die jungfrau aber hat das zinnober der küsse unter den leisten versteckt und führt nun zimt im mund.

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schwarz

in: the daily horror — Szene 41
Alles und Nichts …
Absurdes Theaterstück

die frau verneigt sich vor dem mann
der sich interessiert nach vorn beugt
dass ihr kopf den boden berührt
und die haare sich wie ein teppich auslegen
auf dem der mann steht
bis er über sie fällt
und die frau seine füße ergreift
zusammenlegt
und fort trägt.

seitdem ist es grau dort.
und der ganze himmel
ist mit füßchen behängt,
die sich auf den kopf stellen
um nicht unterzugehen.

mit kohlschwarzen augen
schaut er sie an.



Lila Regenflieg
weiss
der mann verneigt sich vor der frau
die erschrocken zurückweicht
mit hängenden armen
so dass die hände den boden berühren
auf dem ein teppich liegt
bis sie umfällt
und der mann den teppich greift
zusammenrollt
und fort trägt.

seitdem ist es grau dort.
und der ganze himmel
ist mit ärmchen bedeckt

die sich zur decke strecken
um nicht unterzugehen.

mit schneeweißen augen
schaut sie ihn an. …

weiss

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blatt 10

in: fogelprotokolle — Blatt 10
Absurdes, Alles und Nichts …
Absurdes Theaterstück

unter feststehendem himmel fliegen die landschaften vorüber wie augenblicke.
eine dame mit pfauenaugen sieht aus dem fenster und fängt einen besonderen fisch.
der hat nachtaugen und schaut so, als ob der regen ihn zur ruhe zwang.
die dame spricht: das regentropfen unter festgezurrtem himmel, feststehend wie unveränderlich.

fogelschwärme am morgen, fogelschwärme am abend.

ein mann hält die hand auf, er schläft.
dann wacht er auf, in einer sprachlosen öde und niemand weiß, warum.
nur er. und fühlt sich so unflüchtig. und zu spät.
dann hängt er viele sonnen auf, die ganz rund tun und von der trauer träumen.
der mann geht.
____________________________________
stundenlange fogelstange
ein fall aus dem fährtenbuch des lockfogels

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der die das - hanglos zu summen

zweiter Gesang

in: Alles und Nichts …, Zeitreise
Absurdes Theaterstück

7. während der schlafwagenverkehr einen bogen fährt,
wandern die gewässer nach süden aus
und die dünen laufen himmelwärts.
„ach, wie verschieden doch die aase sind !!!“
ruft erfreut aus dem vorbeifahrenden zug ein kind,
lacht und winkt,
lacht und winkt,
lacht und winkt
und ertrinkt.


8. der mann fällt aus des betrachters rücken der versuchung anheim,
sich wie vor einiger zeit wieder in die seidenfäden zu legen,
als ein vorbeieilender propeller ihm das gespinst aus den drüsen raubt.
während der mann sich fragt, was er sieht, bespielt der betrachter
mit seinen händen ein versatzstück aus flieszendem gold.
der mann flucht. er heiszt jason und bleibt von nun an auf der flucht.


9. der seifensieder vergibt der ESS-maschine zur erfrischung des schneidameisenversessenen begreifens mit vollen händen den eigenbedarf an vermessenen schieszeisen zur abdeckung des fischreigenden eigenbeschlafs.
vergebens. die schabemesser verenden in den seifen.


10. sie zählt die linsen aus den wasserleichen,
die schlechten aus den kröpfen, die guten aus den köpfen.
es ist so wunderbar warm, das brakige wasser,
warm und weich wie eine frische wunde.
am wege werfen falten das erste licht.
schatten warten wie tiere – schwartentiere.
(erlebnisse durch eine linse - bei circe)


11. der mann fällt flaschenweise aus dem regal heraus.
die frau entbrennt zum sesselgewebe und schlingt
ihre schenkel um seine beine.


12. in rotunden körpertüllen erhöhen sich die schwingenden füllen vom tiefsten grunde wandelbar. da liegt ein kind, mit hybridenaugen, schäumend und trauschend im raupenhaar.
am singenden mund hingen zweizehn augen bei murmel im mäandertal.
drei und zweizehn augen; das ist das kleine mandelmasz.

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wache

in: the daily horror — Szene 63
Alles und Nichts …

streichel über seine stirn
hinweg die gespenster in seinem kopf,
ich mache … schlaf - wache
und wache über seinen schlaf und
lache …
alle gespenster fort, die argen.
wenn er schläft,
wenn er schläft,
ist das lächeln,
ist das lächeln
seiner augen doch
immer noch -
da.
wann er schläft,
weiß ich nicht.

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der die das - hanglos zu summen

einflüsterungen der zungenfertigkeit, gemessen am tagesumsatz der fertilität

erster Gesang

in: Alles und Nichts …, Zeitreise
Absurdes Theaterstück

1. bodendecker für problemzonen beim klieben (spalten) oder wie ölig sind die triebe (konfetti)

horst ist tot. sein verstand ist vom bauen gewachst. er war eine reine eigennutzung
und sowieso nur für die dielen gemacht. als bodendecker gibt er nun eine schöne unterlage beim vorspiel.
tamara, die nach birnen riecht, nennt ihn zärtlich ihren lyrischen efeu.
im finale einer befreundet klingenden dreierschwingung entscheidet sie sich dann jedoch
für das holzbein der rückfettenden fichte.

prall gefüllt mit samen, deren herkunft sie nicht mehr erinnern kann,
erkennt sie sich im spiegel als ölige marinde. hastig entledigt sie sich
des inhaltes und beseitigt diesen, indem sie ihn gierig verschlingt.
mit der pulpa ihrer schleimigen hülse schminkt sie sich lippen
und spitzen der brüste zimthymanisch.

dann setzt sie sich, eingehüllt in einen täuschend schönen mantel aus
horsts rückenhaut an den rand der konferenzdenker.
dort verstärkt sie von nun an regelmäszig die kliebe
der ölerten triebe. sie nennt sich nun tamariske
und strebt eine heirat mit dem fettigen marilke an.


2. das tier mit dem mehlfusz macht sich auf den weg,
um mit dem wort bestäuben im sinn die wiesen und deren blumen
zu beglücken bis tief in die wurzeln. unterwegs verliert es ein s .


3. der engel, der sich als fahrstuhlt betätigt, ächzt unter der last der menschlichen gewichte.
still seufzt und flüstert er immer wieder: du weiszt nichts, du weiszt nichts.


4. der assistent des hechtes
schlosz phorsorglich das pherhältnis zu seinen sachen ab,
bephor er sich dem im trüben fischenden wisser hingab.


5. das huhn hilda spricht:
fortwendigerweise verstellseiten sich
die entschriftungen versprechmäntelnder akte
als zeigwürdigkeiten einseitiger anschauungen.


6. die flügelrose gürtet sich und steigt auf.
sie legt sich um den mann wie die kaumillen
des härzens am gehüteten windschlag.
der mann verzweifelt daran und bringt sich endlich um.

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