Lila Regenflieg

Die Zeitwaisen

Textlich Bildlich Klanglich Denklich

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gegenstände schreibendes nichtschreiben

in: the daily horror — Szene 48
Alles und Nichts …
Komödie

die labung der räume
fliguren
goldhülsen lippenstifte
hälse
riemchen und schnüre
schuhe
vorgerückte zeit
fehler
sprach vergessen
weinen
vor lust und wollen
lachen
subversives dasein
injektionen
und lange beine
weilen
an langen leinen
hälsen
mit mundverzückung
fließen
verzuckertes laben in
räumen
sich zu ergießen in
träumen
einander zu er-tragen.

ächzs.

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gehirnfogelfutter

in: the daily horror — Szene 90
Alles und Nichts …

folge
folgefogel
follgefuttert.

ganz eigenartige
hundbewegung,
hofbewegung,
wie melusinenhaft.

nach einer drehung
folgen ameisenfögel
aus strelizienstrahlen,
unzweifelhafte fögel.

den ganzen tag huschen
pustende wesen vorbei,
verschroben in ausstoßender
blasblümigkeit.

im blau der beeren vergoren
kauern meine meisen, taumeln
entlang der sinnlosigkeit, die beine
durch dinge gezogen.

schöne bummelei.
ich komme nicht davon,
auch nicht - geschoren.

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tun und tat

in: the daily horror — Szene 21
Alles und Nichts …
Absurdes Theaterstück

mein kind,
das ich pulverisierte
durch wasserentzug
durch verbrennung
bis zum höchsten grad
bis zum n-ten grad also
und die asche dann fein
im mörser zu diesem grau-
rötlichen pulver zerrieben hab,
füllte ich in die kapseln,
die ich von den ärzten bekam
und die hier immer noch
herumlagen, die ich natürlich
zuvor entleerte und den inhalt
in die blumenbeete warf,
verzehre ich nun, zehre davon,
verzehre eine kapsel pro tag,
pro tag eine kapsel,
mein kind.

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ungebügelter bauch

ein sechsmännerstück

in: the daily horror — Szene 33
Alles und Nichts …
Komödie

der erste mann macht die türe auf
der zweite mann steigt aus dem bett heraus
der dritte mann stürzt zum fenster hinaus
der vierte mann klatscht dem dritten applaus
der fünfte mann geht auf die straße hinaus
der sechste mann sammelt den dritten auf
übergibt ihn dem fünften mit viel radau
der bringt ihn zum vierten zurück ins haus
den dritten ... der stürzte zum fenster hinaus;
der zweite mann legt sich wieder zur ruh,
der erste mann macht die türe zu.

das publikum geht befriedigt nach haus.

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hurntrom

in: the daily horror — Szene 93
Alles und Nichts …
Absurdes Theaterstück

hypersensibilisiertes
beinlein akkordeon.
der hund spielt wie verrückt
von wegen.
welche, die er noch nicht gegangen ist,
sind die variablen seiner unbekannten gleichung.
später wird er einsehen müssen, dass seine gleichung
eine ungleichung ist.
ein bein wellt willig dem eingang entgegen.
wer ist der behütter dieser hausung?
da wächst ein wilder wein.
wildweinwuchs.
wildbienenwachs.
bildwiener. der hund denkt an fleischwaren des täglichen bedarfs.

orchideenleiblein.
rechts und links kohlrabenschwarz. kohle.
da solltest du gesellschafter sein und bist doch landschafter.
verbene, werben ohne ende.
buntes pflanzgetier, eiserner fingerhut, wachsen auf allen
ebenen, ach du schönste g-artenvielfalt!
der hund singt wie verrückt I'm going underground
dem untergang entgegen.
doch noch gibt es durchaus passable durchlässigkeiten und nur
wenig ist unpassierbar wie geschehbar.
ideenstäbe wachsen.

hyperbilirubiniertes
weinlein robineum.
kein wein bellt.
wilde haarverwirbler wachsen in die tiefe, ins unterholz.
ein mann stürzt ab in ein lupinarium voller stille. ruhe,
große känguruhe.
schmetterlingsblüter laden den schläfrigen hund zum essen ein.
erwachend nimmt er bei dieser aktion reißaus.
er meidet jegliche gesellschaft. unhöfliche verneinungen waren
schon manchmal seine freundlichste antwort.
ohne bedeutung völlig bedeutungslos.

hundsrosengewächs.
wildes heckengewölk.
eine frau ist auf reisen.
an den schuhen trägt sie rosen und ihr gefasstes gesicht
zur schau der spiegellogik alter meister.
der hund spielt wie entrückt
auf wegen.
weg ungleich weg. maßlieb und libellenleibchen.
er springt den fögeln hinterher und weiß,
noch ist kein ende in sicht.

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donner-stag

in: the daily horror — Szene 43
Alles und Nichts …
Komödie

bin heut freier hueter.
kein sturmgeheul. kein regen, keine sonne,
einfach NICHTS ! und das soll man nun ertragen?
nein, soll man nicht man will
ein wenig die monas durch den garten tragen,
sie hin und her legen, verblättern, sie nach ihrem befinden
befragen, ob es ihnen fein und angenehm ist ... ob es noch
was zu ihren wünschen gibt das man ihnen zu füßen werfen
könne, das sich selbst ganz sicherlich ... und dann ein wenig die backofentüre öffnen, mit den hufen scharren und hänsel und gretel spielen. kasch kasch kasch. kasch-perle, bist du schon da? kaschper am brotstuhl, mit dem flintengewehre, schießt in die menge, managerie. drei vierecke zerplatzen,
fünf rosen verrauchen und machen ein beleidigtes gesicht.
an einem kopf pickern unendlich spatzen.
:(
äh, wie fürchterlich.

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handfas(s)er (kein glas)

in: the daily horror — Szene 28
Alles und Nichts …

ich schlief in der tür,
ich schlief immer dort,
in hab-acht-stellung,
gewahr der gefahr und
unter geschlossenen lidern
die knochen des bleiben-
wollenden hauses im blick.

die stimmung nach halb ∞
ist abgesackt, stimmgabel-
unendliches schlucken zum
metronom bleibt nicht er-
spart. metrisches karat,
getrocknete samenkerne.

knack mich, knick mach,
wunderstab- und ei-gerecht.
eine stimme hetzt zerfaserung,
zermarterung und die knochen
des hauses sind mit bleicher
blümchentapete bedeckt.

die alten morschen knochen,
verschämt versteckt.
und im inner'n der knochen,
steht ein trauerhaus, ein
langer blues ... o mark ...
durch zu lange verrenkung
verreckt.

schlucken im takte des metronoms.
knochen kochen. zermarterung und
mark. räum den knochen aus, im
zentrum steht ein trauerhaus ...
zemomentrum - es tickt die wanduhr:
alles spiel nur. wunderbar.

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aufschlag

in: the daily horror — Szene 91
Alles und Nichts …

am abend rutschen die gedärme an den wänden hinunter.
in den ecken sammelt sich verwirrung, verzweigt sich,
breitet sich aus, steigt empor. aus schmalen spalten tropft
gilb, hirnmasse. eine stirn öffnet sich und läßt einen gedanken
frei. dieser gedanke fällt wie ein knetklumpen auf bodenbretter.
irgend einer tritt ihn fest, geht danach zur seite, schlägt seinen kopf
an der kalkweißen wand auf wie ein ei und erzeugt ein krachendes
geräusch. haare und splitter an der wand.
das gilbe tritt hervor, rinnt ein kleines stück herab, bleibt kleben.
das rote fließt ungehindert zu boden, hinein in die herab gerutschten
gedärme die inzwischen einen see gebildet haben, in dem es mächtig
schlingert. die graue farbe der gedärme vermischt sich mit dem roten
zu einem prächtigen farbton von fauligem fleisch. ein fulminanter verlauf.

die gäste sitzen geruhsam in den stühlen und stieren vor sich hin.

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die optik des schauers oder wie das lot fällt

in: fogelprotokolle — Blatt 11
Absurdes, Alles und Nichts …
Absurdes Theaterstück

die optik des schauers oder wie das lot fällt

der mann hängt seinen traum zum trocknen auf,
filtriert die sonnenstrahlen und mißt mit
hinreichender genauigkeit, wie die schnüre
senkrecht in den himmel wachsen
während sich die lerchen durstig erheben.

verse spannend beobachtet er mit astronomischen augen
die achsen seiner lageverschiebung zwischen drei
glasspiegeleien und tabuliert,
aus welcher lücke quergestreifter durchbrochenheiten
er sich wohl selbst am nächsten kommt.

als er im letzten spiegel sein vergangenes ich erblickt,
kommt er aus dem takt und verirrt sich in den gereimten
zugängen einer verwirrten passage.

lautschreibend konstatiert er lose:
wie meine seele im himmel hängt!
ich bin das durcheinander der dinge,
gebügelt in falten, in den falten
aufgeworfener hügel eines himmels.

danach schreitet er im stundenwinkel die zeit ab,
nimmt seinen traum von der leine und schickt ihn
den lerchen hinterher, damit diese ihn
in alle windrichtungen davontragen.

nördlich geht er noch einmal den kalender durch
und friert seine gedanken an ein dreiecksverhätnis ein.

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