Berlin–Dingle–Avranches 2017 – Seehausen–Bettmar, Sonntag 28. Mai
in: Berlin–Dingle–Avranches 2017
Seehausen–Bettmar, Sonntag 28. Mai
Reisen, Radreisen
-15:29-
Ankunft auf dem Campingplatz in Bettmar. Links neben der Einfahrt ein verlassen wirkender Gebäudekomplex, flach und lang. Rechterseits ein junger Mann vertieft in Gartenarbeit, an einer Hecke schnippelnd. Kann erst nicht erkennen, wo die Anmeldung ist, wer zuständig ist, dann sieht der Gärtner herüber, winkt und kommt näher. Stellt sich heraus, nicht nur Gärtner, sondern auch Betreiber, jung, fröhlich, nett, locker. Für die Formalitäten setzen wir uns in den kleinen, kuscheligen Pavillon; boah, nochmal nen Stück wärmer und schwüler als draußen; das falle ihm kaum auf, er sei das gewohnt. Schnell ist alles geklärt, der Preis ist o.k., und sogar freies WiFi ist vorhanden. Habe momentan aber gar kein Interesse daran. Die Sanitäranlagen befinden sich gleich vorne in dem Gebäude neben der Einfahrt.
Draußen ist die Luft immer noch schwül und heiß, aber immerhin sind kaum Insekten zu fühlen und ruhig scheint der Platz ebenfalls zu sein. Die Stelle zum Aufbauen des Zeltes ist schnell gefunden, gleich hinter dem Pavillon. Ein Mann werkelt dort in unmittelbarer Nähe am Anhänger seines PKW, leiht sich Werkzeug vom Besitzer. Werde noch warten mit dem Zeltaufbau bis er weg ist. Wenig später läuft er vorbei, bleibt stehen und stellt Fragen zum Fahrrad. Erzähle auch das drumherum. Erstaunen über die Tour. Er könne kaum glauben, dass Jahr für Jahr noch viel mehr Radreisende unterwegs seien, auch zu ferneren Zielen. Er, mehr auf der schwergewichtigen Seite, nähme sich vor wieder öfter mit dem Fahrrad zu fahren, vielleicht auch mal mit dem Fahrrad zu verreisen.
Während er werkelt, wäre ein schattiges Plätzchen zum Runterkommen und Abkühlen nicht schlecht, bevor mich ein Hitzschlag ereilt. Ein Plastikstuhl beim Sanitärgebäude sieht gut aus. Durch einen Überstand des Obergeschosses liegt die ganze Frontseite im Schatten. Unmittelbar neben dem Stuhl der Eingang zu den WCs. Egal. Die Position hat was. Immer wieder geht jemand vorüber und wir kommen ins Gespräch. Die Frau, die sich über den Besitzer beschwert, weil er irgendwelche Disteln oder Brennnesseln noch nicht entfernt habe, die in ihren Grundstücksbereich ragen würden. Die Frau, die mit ihrem Mann zusammen auch schon viele Radreisen unternommen habe – sie kenne sogar das Fernradler Radforum –, und auch diesen Sommer wieder los wolle, auf dem Campingplatz nur übers Wochenende relaxen würde, sie würden nicht weit von hier wohnen. Und der Mann auf dem Fahrrad mit Unterstützungsmotor in der Vorderradnabe. Sehe so ein Teil zum ersten mal. Begeistert erzählt er, der Motor würde schon beim Anrollen unmittelbar reagieren. Auffallend, dass auf dem Campingplatz viele Leute mit dem gleichen Fahrrad unterwegs sind. Klar, so lassen sich die ausschließlich im Eingangsbereich des weitläufigen Platzes gelegenen Sanitäranlagen schnell und bequem erreichen.
Kurze Zeit später hat der Anhängermann seine Reparatur beendet und verlässt den Campingplatz. Zeit zum Aufbauen des Zeltes.
Vor dem flachen Gebäude stehen noch weitere Plastikstühle und auch Tische. Zur freien Verwendung, sagt der Besitzer. Trage einen kleinen runden Tisch und einen Stuhl zum Zelt. Abendessen auf der Wiese im Sonnenschein. In der Ferne ziehen dunkle Wolken vorbei. Koche zum ersten mal auf dieser Tour. Spaghetti mit Tomatenmark, das im zurückbehaltenen Restkochwasser zur Soße wird. Ein paar Kleinkinder auf Minifahrrädern kurven ums Zelt herum. Wie durch ein Wunder bleiben sie nicht in den Abspannschnüren hängen. Drei weiße Pudel hetzen über die Wiese.
Vermisse am Abend den mobilen Kleiderhaken, scheine den wohl am ersten Tag in Malge nach dem Zähne Putzen vergessen zu haben. Geht für den Rest der Tour auch problemlos ohne. War aber sehr komfortabel das Teil.
Ab und zu erscheinen Leute vorm Eingang zum Platz. Sie wollen nur kurz im See baden, müssen aber leider wieder umkehren. Zugang nur für Camper. Wie das alles tickt, bleibt ungewiss, da das Haupttor zum Platz die ganze Nacht über offen ist und auch niemand zu sehen, der kontrolliert oder dergleichen. Der Besitzer hat den Platz längst verlassen, ebenfalls per Fahrrad, er sei morgen früh nicht vor neun wieder da. Will jemand hinein, läuft jedoch stets jemand aus den Tiefen des Platzes zum Tor, der die Situation klärt. Eine füllige Frau im umgebauten Bulli erscheint am späten Abend und wird nach einiger Diskussion hereingelassen. Sie campt anscheinend nur, um Baden zu können, denn später fährt sie wieder ab. Bekomme das alles eher am Rande mit, bin schon im Zelt und am langsam wegdösen …
wenn da nicht …
… dieses irres Froschkonzert ohne Ende wäre, die ganze Nacht über, an- und abschwellend, Solo und Orchester im Wechsel … sicherlich ein tolles Naturschauspiel, aber erholsamer Schlaf geht anders. Und nein, mag mir die Ohren nicht zustöpseln.
Am nächsten Morgen bei schönem Wetter, ein wenig gerädert von den vielen Zugaben des Nachts, Frühstück neben dem Zelt auf der Wiese. Reichlich Haferflocken mit frisch geschältem Apfel und Banane, angemacht mit Rosinen, Honig und Wasser. Das übliche Abreiseprozedere folgt, und schon gleitet die Straße wieder unter dem Fahrrad dahin.