Die Zeitwaisen

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Berlin–Dingle–Avranches 2017 – Fishguard–Rosslare–Duncannon, Montag 12. Juni

in: Berlin–Dingle–Avranches 2017
Fishguard–Rosslare–Duncannon, Montag 12. Juni
Reisen, Radreisen
Radix | Berlin–Dingle–Avranches 2017

-13:12-

Blick auf die Plattform für den Hubschrauber und auf die nördliche Küste des Pembrokeshire National Park.

Der Wind bläst stark und zerrt an den Klamotten. Eine Möve kann sich nur schwer auf den Beinen halten und wird tänzelnden Schrittes über die Plattform getrieben. Diesen Slapstick per Filmaufnahme festzuhalten, gelingt aber eben wegen des starken Windes nicht wirklich gut. Das rechtzeitige Stoppen und Starten der Aufnahme, um den Moment abzupassen, in dem der gefiederte Tänzer gerade über den Boden geblasen wird, gestaltet sich schwierig. Sobald die Aufnahme läuft, krallt sich das Tier fest, um gerade dann vom Wind weg geblasen über den Boden zu hoppeln, wenn die Aufnahme nicht läuft.

Wir spazieren einmal Hin und Her auf den Außendecks, doch schließlich wird uns der stark kühlende Wind zu anstrengend und wir suchen ein gemütliches, warmes Plätzchen im Inneren des Schiffs. Entlang der Außenfenster finden wir ein paar freie Stühle. Viele Kinder sind hier unterwegs und vergnügen sich auf der Spielfläche nebenan. Wir unterhalten uns über dies und jenes, während Annes Tochter mit geschlossenen Augen versucht der Übelkeit zu entkommen. Nicht wirklich der geeignete Ort, bei dem Gejauchze und Gepolter. Wir beschließen weiter zu ziehen und finden am Ende des Ganges auf einer Couch und Sesseln ausreichend Platz. Annes Tochter kann sich sogar hinlegen, und döst sogleich entspannt dahin. Auch die Soundkulisse ist dezenter. Leise Musik und Geräusche tönen gegenüber aus einem Raum mit Spielautomaten und Videospielen. Nach kurzer, abtastender Plauderei über Gesellschaft, Politik, Umwelt und Philosophie, verharren wir eine Zeit lang in unseren eigenen Gedanken. Anne holt einen E-Reader aus ihrer Tasche und beginnt zu lesen. Neuer Gesprächsstoff. Was sie denn da lese. „Lud-in-the-Mist“. Phantastik, Fantasy und auch Science Fiction Literatur lese sie gerne. Frage sie nach „Little, Big“ von John Crowley, ob sie den Roman kenne, sei einer meiner Lieblingsromane. Sie überlegt. Nein, den kenne sie noch nicht. Sie überlegt weiter und hantiert auf dem Gerät. Hier, ob ich diesen meinen würde, ob er das sei. Erstaunlicherweise ist das Buch tasächlich auf ihrem E-Reader gespeichert. Faszinierend. Natürlich kenne sie auch Tolkien, sogar „Der Hobbit“ habe sie gelesen; im Gegensatz zu mir. Murakami scheint ihr ebenfalls bekannt, sie habe aber bisher nur einen seiner Romane gelesen, erinnere den Titel nicht mehr. Ich empfehle „After Dark“.

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