Radix

Die Zeitwaisen

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Radix | Berlin–Dingle–Avranches 2017

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Berlin–Dingle–Avranches 2017

Fishguard–Rosslare–Duncannon, Montag 12. Juni

in: Berlin–Dingle–Avranches 2017
Fishguard–Rosslare–Duncannon, Montag 12. Juni
Reisen, Radreisen

-10:47-

Fishguard Fährhafen, warten auf den Check-In.


Was zuvor geschah:

Frühstück, same procedure as yesterday, nur das die hektische Kaffeebedienung ihren Kaugummi beinahe ins Rührei spuckt. Lecker. Irgendwie auch Atmosphäre. Die Klamotten sind schon recht gut trocken, besser aber so lange als möglich in Luft und Sonne hängen lassen. Erstmal Zähne putzen, Wasserflaschen auffüllen, Clo. Dann Hin- und Hergeducke unter der voll behangenen Wäscheleine beim Verstauen all der verstreuten Utensilien, und erst ganz zum Schluss die Klamotten rein in die Packtasche. Kein Stress, der Check-In nach Rosslare beginnt laut Ticket erst um 10:45 und endet um 12:20. Reichlich Zeit, sind ja nur ein paar hundert Meter. Hole das Rad aus dem Schuppen, lade auf, und los gehts. Erstaunlicherweise ist das Wetter fantastisch. Blauer Himmel, Sonne, warm und kein Regen in Sicht. Am Ferry Terminal stehen schon ein paar wenige PKWs vor den Abfertigungshäuschen. 15 Minuten später rollen die Fahrzeuge los, der Check-in beginnt.

Vor dem Travel Center linkerhand fallen zwei Räder auf, eines mit voll bepacktem Anhänger. Sind die einzigen weiteren Fahrräder am Check-In. Reisende Radler? Zwei Frauen kommen aus dem Gebäude und bleiben bei den Rädern stehen. Nach der Kleidung zu urteilen, müssen das die Fahrerinnen sein. Eine von beiden sieht herüber und kommt näher. Hinter der großen Sonnenbrille und dem Sonnenhut ist nicht viel zu erkennen. Nach Art ihrer Bewegungen und des Sprechens wird sie so in den 20igern sein, macht jedenfalls einen jungen, agilen Eindruck. Sie spricht English mit französischem Akzent. Ob ich meine Tickets schon hätte. Ja, alles dabei. Sie noch nicht, und an diesem Check-In würden radelnde Reisende nicht abgefertigt, hätten sie im Travel Center erfahren. Ah, und wo sei der Check-In für Radfahrer? Das wüssten sie auch noch nicht so genau, sie müssten gleich nochmal rein, um Tickets zu kaufen, dann würden sie nochmal fragen. Ah ja, danke für den Tipp, versuche trotzdem mal, ob das hier klappt. Grins. Schräger Blick, o.k.. Sie geht wieder zurück zu ihrer Freundin. Warum sollten hier keine Radfahrer durch den Check-in dürfen, und wenn nicht hier wo denn dann? Ja, denkste, da winkt schon die Frau aus dem Schalterhäuschen und erklärt, dass Radfahrer und Fußgänger am Bahnhof abgefertigt würden. Mag das kaum glauben. So ein Unsinn, die Radfahrer nicht mit dem anderen fahrenden Verkehr zusammen auf die Fähre zu leiten. Was für ein Luxus dagegen in Hoek van Holland. Schlendere mit dem Fahrrad zu den beiden Frauen und verkünde die frohe Botschaft; ihre Info sei korrekt gewesen. Wir stellen uns kurz vor, und was für ein Irrtum, denn da sind Mutter und Tochter unterwegs. Erzähle den beiden, hätte sie für Freundinnen gehalten. Das gefällt der Mutter, der Tochter eher weniger. Sie hätten ihre Tickets immer noch nicht, überlegen hin und her, ob sie online kaufen sollten oder im Travel Center, wo seien die wohl billiger, und wo ich denn meine her hätte. Online geordert, lange vor der Reise. Sie tippt auf ihrem Smart herum. Ich gucke zu. O.k., würde mich schon mal auf den Weg zum Bahnhof machen, müsse am Ende der hinter dem Travel Center verlaufenden Straße liegen, wir sähen uns, bis später.

Keine Ahnung woher diese treibende Unruhe kommt, will endlich aufs Schiff. Das Auffinden der Ausfahrt aus dem Check-In Bereich, beziehungsweise der Zufahrt zur Straße zum Bahnhof, gestaltet sich komplizierter als angenommen. Nicht immer ist der kürzeste Weg der korrekte. Ah, endlich, dann halt hier entlang. Pedallieren in knallender Küstensonne, als wäre da ein Rudel Verfolger dicht auf; mach langsam Alter. Fahre etwas gelassener die lange, leere, Straße entlang, bis zu einer Schranke, schummel auf dem Fußweg dran vorbei, und weiter zum Bahnhof. Niemand zu sehen, ohrenbetäubende Stille. Wie ausgestorben. I'm Legend feeling. Schiebe das Fahrrad bei strahlendem Sonnenschein gemächlich die Auffahrt zum Bahnsteig hinauf, und entlang dem wenig sprechenden, sich weit in die Tiefe erstreckenden Bahnsteiggebäude, auf der Sucher nach einem öffentlichen Zugang. Gefühlt fast am Ende des Steigs, ist hinter einer Glassfront ein großer, leerer Raum mit ein paar Stuhlreihen zu sehen. Tür ist ebenfalls vorhanden. Sollte passen. Hinein samt Fahrrad und weiter durch den spärlich möblierten, leicht düsteren Warteraum bis zum noch unbesetzten Check-In Schalter. Ein Mann, der weiter hinten in den Räumlichkeiten zu sehen ist, wird aufmerksam und kommt nach vorne an den Tresen; ob er mir behilflich sein könne. Ja, Entschuldigung, ob das hier der Fährzugang für Radfahrer sei. Korrekt, da sei ich hier richtig, Check-In sei aber erst ab 12:00 Uhr. Auf meinem Ticket stehe doch aber …. Das gälte nur für den motorisierten Verkehr. Aber wieso stehe dann da … ich hätte doch nur ein Fahrrad gebucht …. Dazu könne er nichts sagen. Egal. Den Boarding Pass könne er jetzt schon ausstellen, der Einlass zur Fähre beginne aber definitiv erst um 12:00 Uhr. Boah, noch knapp eine Stunde. Nicht wirklich reizvoll, hier zu warten, also zurück zu den beiden Französinnen. O.k., hätte auch gleich dort bleiben können.

So sind sie denn auch verwundert über den Rückkehrer. Radfahren mache halt Laune, grins, nein, Check-In sei halt erst in einer Stunde offen, und alleine am Bahnhof warten sei mir zu öde erschienen, mit ihnen zu plaudern sei doch interessanter, und ich wüsste nun immerhin schon wo wir hin müssten, könnten wir ja zusammen fahren, grins, ich vorne weg, grins. Was für ein albernes Geschwätz, die beiden wären ja eh gleich nachgekommen. Tickets haben sie inzwischen auch. So raufen wir uns zusammen und radeln los, diesmal etwas langsamer. Der schwer beladene Anhänger am Rad der Tochter macht einen deutlich labilen Eindruck. Sie scheint nicht wenig Geschick und Balance aufbringen zu müssen, um das Teil so zu manövrieren, dass Anhänger und Fahrrad nicht umkippen. Wie das? Der Anhänger hat nur ein Rad, wirkt sehr fragil und mit der riesigen Gepäcktasche überladen. Aber sie packt das. In aller Ruhe fahren wir die kurze Strecke zum Bahnhof. Kommt mir vertraut vor, radel den Weg zum dritten Mal.

Im Warteraum setzen wir uns auf eine Bank und plaudern weiter, ohne Brille und Hut. Und ja, wir gehören wohl +/- der gleichen Generation an. Ihre Tochter könnte so um die 20 sein. Sie machen sichs gemütlich und befördern dies und jenes zum Futtern aus ihren Taschen. Unter anderem eine Packung mit ein bis zwei verbliebenen Schokoreiswaffeln und eine Dose Tunfisch, die beide genüsslich auslöffeln, und deren Rest die Tochter sich lässig in den Mund kippt. Habe Mittagessen auf dem Schiff geplant, wenn schon denn schon, lehne deshalb die freundlich angebotenen Leckereien ebenso freundlich ab, bis auf die köstlichen Waffeln. Sehr hübsch das alles. Wie vermutet kommt sie aus Frankreich, aus dem Süden. Da sei ich auch schon mal gewesen. Wo denn dort? Mit dem Wohnwagen die Küste entlang, Osterbesuch bei der Nichte meiner Freundin. Monaco und Nizza würden mir noch einfallen, und Antibes, sei schon 10 Jahre her. Ach nein, das sei doch wirklich eine ganz andere Gegend, sie wohne bei Toulouse, sei viel schöner dort. Ihre Tochter lebe in Kanada und sei für die gemeinsame Tour zu Besuch in Europa. Ihr Ex sei Amerikaner. Ah, daher das sehr gute Englisch. Wer hätte gedacht, dass ich mich auf einer Überfahrt von Wales nach Irland mit einer Französin ausgezeichnet auf Englisch unterhalten würde. Das macht Hoffnung auf weiterhin einfache Verständigung im Frankreich Teil meiner Tour, sofern sich diese Begegnung verallgemeinern lässt. Spreche und verstehe Französisch im Gegensatz zum Englischen leider nur sehr fragmentarisch; was halt so hängen geblieben ist aus dem wenig erquicklichen Schulunterricht. Die beiden sind mit dem PKW bis nach Wales gefahren und wollen jetzt mit dem Rad rüber nach Irland, immer der Nase nach und gänzlich ungeplant Richtung Norden, stünden also erst am Beginn ihrer Tour. Ich frage nach dem Anhänger, und ob sie gut damit zurecht kämen. Nein, da seien sie auch nicht ganz zufrieden, hätten den inklusive der Tasche erst hier vor Ort besorgt, besorgen müssen, da der ursprüngliche Plan, das Nötige irgendwie auf den Gepäckträgern unterzubringen, nicht geklappt hätte, mehr Gepäck als gedacht, speziell Lebensmittel. Von denen hätten sie unter Umständen allerdings auch zu viel mit. Bin gespannt, wie weit sie mit dieser Konfiguration kommen werden auf den zahlreichen Hügeln Irlands, will sie aber nicht all zu sehr entmutigen, sofern das überhaupt möglich wäre. Zumindest Anne, so heißt die Mutter, scheint sehr optimistisch, unbekümmert und wohlgemut. Sie liebe das draußen Sein in der Natur, das Laufen auf Gras unter freiem Himmel und die Gesellschaft der Schafe in Irland. Ihrer Tochter graule zumindest vor der Überfahrt, Schiffe seien nicht so ihr Ding.

Schwupps ist die Zeit um und wir dürfen auf die Fähre … im Moment die einzigen, die hier zusteigen. Flüchtige Gepäckkontrolle, muss den Rucksack öffnen, doch der junge Mann wirkt nervös, als wäre ihm das unangenehm. Über sonnige Stege schieben wir unsere Räder hinein in die Fähre. Der Abstellplatz und die Befestigungsmöglichkeiten unter Deck wirken nicht Vertrauen erweckend. Einfache Seile, die vor einer Stahlwand an Abflussrohren oder dergleichen befestigt sind. Keine extra Abstellbügel. Das war auf der Fähre nach England besser gelöst. Wird schon schief gehen, sind ja nur etwas mehr als 3 Stunden Fahrt. Spüre inzwischen leichten Hunger, auf zum Restaurant. Die beiden wollen derweil das Schiff erkunden.

Das Essen ist so lala, geschmacklich o.k, aber die schwedischen Fleischklöpse, well, der Fleischkonsum nimmt überhand auf der Tour. Sehe dem nächsten Zeltplatz und der abendlichen Ration selbst gekochter Spaghetti mit Knoblauch und Dosenfisch, schon mit Freude entgegen. Mit voll geklopstem Magen torkele ich sicher durchs Schiff und mache mich mit den Decks vertraut. Der Kahn hat seine besten Tage hinter sich, definitiv. Abgewetzte Teppiche, ausgeblichene Farben und Rost an den Fensterrahmen. Kein Vergleich zu dem quasi Luxus auf dem Schiff rüber nach England.

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Berlin–Dingle–Avranches 2017

Fishguard, Sonntag 11. Juni

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Fishguard, Sonntag 11. Juni
Reisen, Radreisen

-12:57-

Mit der Wäsche zusammen abhängen im Seaview Hotel.


Was zuvor geschah:

Der luftig eingerichtete, helle Frühstücksraum liegt separat vom Restaurant. Erfrischender Blick durch die Fenster bis in den Hafen und auf das Wasser. Die wenigen Sonntags Frühaufsteher sprechen erstaunlich viel Deutsch. Bloß nichts anmerken lassen. Das Frühstück ist o.k, aber nicht so, dass es dauerhaft in Erinnerung bleiben würde.

Beginne gleich danach mit dem lästigen Wäsche waschen, kostet Überwindung, aber sonst wird das nichts mehr mit dem Trocknen bis morgen. Da das Waschbecken sehr klein ist, dauert das Prozedere ein wenig länger als geplant. Die Radsandalen, und speziell die vorgestern verkackte rechte Sandale, bekommen eine ausgiebige Sonderbehandlung unter der Dusche. Mittendrin dem Zimmermädchen durch den Türspalt verklickern, dass sie sich nicht um das Zimmer kümmern braucht. Beim Waschen der Socken scheint ein Strumpf zu fehlen. Klar, wahrscheinlich gestern bei der "nassen Strumpf im strömenden Regen wechseln Aktion" liegen gelassen, vergessen einzupacken, was auch immer, auf jeden Fall weg. Schließlich ist der Job getan und die Wäsche hängt schmuck an der zwischen Duschstange und Fernsehhalterung gespannten Wäscheleine. Aktuelle Uhrzeit auf dem Smart: kurz nach Mittag. Egal. Nochmal aufs Bett hauen für eine Stunde.

Gerädertes Erwachen. Der Raum ist zwar schön warm und hell und Sonnenlicht scheint durchs Fenster, doch draußen bläst bestimmt kühler Wind. Raus aus den Federn und rein in die leichte, blaue Windjacke und in die praktischen, pflegeleichten Swiftwater River Sandalen.

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Carmarthen–Fishguard, Samstag 10. Juni

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Carmarthen–Fishguard, Samstag 10. Juni
Reisen, Radreisen

-10:44-

National Cycle Network Route 47, kurz hinter „Bronwydd Arms“, an der Zufahrt zur Clyngwyn Farm. Nein, das ist kein Schneerest, aber gefühlt kühl genug.


Was geschah zuvor:

Das grob haferflockige Spezialporridge am Morgen ist riesig und es ist das leckerste bisher.

Eine halbe Stunde später, bereit zum Abflug. Schleppe die Packtaschen nach unten in den Eingangsbereich. Das Wetter sieht leider nicht besser aus gestern. Schlüpfe gleich rein in die komplette Regenmontur. Die nette Frau von gestern Abend ist schnell zur Stelle und schließt den Zugang zum Hausflur auf. Wohlbehalten steht das ausgeschlafene Fahrrad noch vor der Treppe. Schiebe es auf den Hof und bringe unter Regenbeschuss das Gepäck an. Die Frau bedauert das Wetter, wünscht aber alles Gute, der Regen lässt bestimmt bald nach, und schaut mitleidig herüber. Könnte selbst Heulen wegen des Wetters, fließen aber nur Regentropfen übers Gesicht.

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Berlin–Dingle–Avranches 2017

Cymer–Carmarthen, Freitag 9. Juni

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Cymer–Carmarthen, Freitag 9. Juni
Reisen, Radreisen

-9:53-

National Cycle Network: Route 887, östlich von Rock und dem Fluss Afan, ein paar Kilometer vor Port Talbot.

Langes Frühstück, langes Packen, Abfahrt soweit wie möglich hinaus zögern, in Hoffnung auf später trockeneres Wetter. Schöner Abschied dann, tatsächlich ohne Regen, und ermutigendes Gespräch mit der Herbergsfrau. Sie kommt mit nach draußen und versucht Sorgen bezüglich kommender Steigungsstrecken zu entkräften, würde das gestern doch auch bis hierher geschafft haben, prognostiziert gutes Wetter und empfiehlt den Fahrradweg entlang des Flusses. Den hatte BRouter ebenfalls raus gepickt. Kann eigentlich nichts mehr schief gehen, bei so viel Zuspruch.

Sehe später auf der Karte einen weiter abseits gelegenen, auf der anderen Seite des Flusses entlang führenden Track, vielleicht meinte sie auch diesen, schätze aber, der wäre mit dem Rad schwieriger zu befahren.

Ist schon o.k. hier. Der „Afan Valley Cycle Track“ verläuft zwar streckenweise in nur 20 Metern Abstand zur Hauptverkehrsstraße, aber auf Grund des dichten Grüns zwischen Track und Straße und ohne den stressenden motorisierten Verkehr direkt vor der Nase, ist das Radeln auf dem Track ganz angenehm. Allein der schon wieder düstere, von Regen kündende Wolkenbehang stimmt ein wenig melancholisch. Aber da kann der Weg nichts dafür.

Nach ein paar Kilometern, kurz vor Pontrhydryfen – wundervoll diese Namen, kann das nicht oft genug betonen –, endet der Track scheinbar abrupt und ohne Ausweg, im Gegensatz zur Darstellung auf der Karte. Eine Wand aus Grün zieht sich weiter vorne quer über den Asphalt, als würde er dort seit jeher enden. Kann wohl nicht sein. Fahre ein Stück weiter der Barriere entgegen, und glücklicherweise zweigt links doch noch ein Weg ab. Blick auf die Karte: gibts dort nicht, hoffentlich eine Umfahrung, also dort entlang, was auch sonst. Bald wird rechter Hand zwischen dem trennenden Baumwerk hindurch der Cycle Track wieder sichtbar, auf weiter Strecke komplett unter Wasser. Mit dem Fahrrad wahrscheinlich kein Problem, zu Fuß schon eher, sofern nicht mit Gummistiefeln unterwegs. Nach knapp einem Dreiviertel Kilometer führt der Weg auf den Cycle Track zurück.

Vor „Port Talbot“, so um 10 Uhr, hoppelt das Rad über einen etwas rumpeligeren Pfad, und bald danach fühlt sich das Fahren an wie auf einer wabbeligen Gummimatte. Platten, hinten. Sofort wird klar, wo der seine Ursache haben muss. Suche fluchend nach einem geeigneten Platz, um den Schlauch zu flicken oder zu wechseln, möglichst ohne im gerade wieder aufkommenden Regen noch mehr Freude zu haben. Eigentlich kein Problem, erster Platten nach rund 1400 Kilometern, bin dennoch stinke sauer und missgelaunt, ob der für den Glasscherbenteppich in der Unterführung bei Newport verantwortlichen Idioten und meiner Unachtsamkeit. Verdränge die Vorstellung, welchen Effekt so eine Panne gestern bei der Abfahrt gehabt hätte. Zum Glück liegt direkt in der Nähe eine Hochstraße und darunter ein wunderbar betoniertes Rechteck. Mache dort gemütlich halt und versuche die Situation schön zu reden. Sehe etwas weiter weg unter der Hochstraße einen Kleinlaster, regungslos. Noch mehr Nerverei. Wird hoffentlich nicht hier entlang müssen.

Entscheide spontan, die Dichtmilch zu testen. Sollte am schnellsten gelingen, vor allem ohne Radausbau. Fläschchen aus dem Werkzeugpack friemeln, Kappe abschrauben, Siegel von der Öffnung entfernen. Aber halt, vorher noch gut schütteln, liegt ja schon ein Jahr herum, das Fläschchen. Nur zweimal heftiges Schlackern brauchts und das weiße Zeuchs landet im Gesicht, im rechten Augenwinkel, auf der Regenjacke – wie passend – und rundherum. Ja welcher Idiot schraubt auch vor dem Schütteln die Kappe ab und entsichert dadurch das Siegel. Fluche noch heftiger, bis schließlich abrupt aller Ärger einer heiteren Gelassenheit weicht. Zum Glück ist niemand vor Ort und filmt den ganzen Slapstick. Krame halb blind die Haushaltstücherrolle aus einer der Taschen und versuche so gut als möglich Klamotten und Gesicht von der Dichtmilch zu befreien. Klappt erstaunlich gut und rückstandsfrei. Schraube die Kappe von der Trinklasche und spüle das Auge aus. Könnte die Augenwäsche aus dem Erste Hilfe Pack fummeln, habe aber keinen Bock drauf. Muss reichen. Brennt auch nichts am Auge. Die Dichtmilch scheint eh nicht mehr funktionsfähig, dünn wie Wasser. Ein Jahr Lagerung nach dem Kauf, war vielleicht doch zu viel. So schnell endet „am schnellsten“.

Versuche, im Kampf gegen den Wind, den Haufen benutzter Tücher unter dem Gepäckhaufen zu sichern. Die Flasche ist noch halbvoll und irrerweise – jetzt erst recht –, gehe ich daran weiter zu testen. AV Ventil aus der Fassung und Dosierkappe auf das Fläschchen schrauben und Dichtmilch einfüllen. Gelingt einigermaßen und ohne weiteres Kleckern. Ventil wieder rein und Reifen versuchsweise aufpumpen. Nach 60 Stößen mit der Minipumpe fühlt der sich immer noch an wie zuvor. Wird wohl nix. Demontage lässt sich nicht umgehen.

O.k., was jetzt zuerst. Ätzend, natürlich das Gepäck ab und dann Fahrrad auf Sattel und Lenker stellen. Die ganze Aktion wieder mit Flüchen begleitet. Der Wind nimmt zu, muss aufpassen, dass dieses oder jenes nicht weg gepustet wird. Arbeitshandschuhe an und weiter im Text. Auf eine zufällige Verletzung kann ich gut verzichten. Zuerst die externe Ansteuerung der Rohloff abmontieren, dann den Kettenspanner. Einprägen der Stellung des Spanners, Entspannen der Feder und das ganze Teil abschrauben. Halt, nein, stopp. Zum Glück hängt die Schraube noch ein, zwei Umdrehungen im Gewinde, zum Glück noch dran gedacht: an das Unterlegscheibenpot­pour­ri. Wie am besten die mannigfaltige Konfiguration der Unterlegscheiben des Rohloff DH Spanners sichern, zumal bei diesem Wind? Geniale Idee, bin begeistert, mit Panzertape natürlich. Und da purzelt er schon wunderbar gesichert mit Schraube und Scheiben die Kette hinunter. Pitlock abschrauben, und Rad unter weiterem Fluchen aus den verschiebbaren Ausfallenden ruckeln. Kette vom Ritzel abheben. Am befreiten Rad mit zwei Reifenhebern vorsichtig den Reifen an einer Stelle über die Felge hebeln und den Rest von Hand heraus schlupfen.

Reifen inspizieren. Die im Mantel steckende Glasscherbe ist schnell gefunden und entfernt. So um die drei Millimeter dürften eingeschnitten sein. Dann der Schlauch. Kann immer noch nicht glauben, dass die Milch versagt hat und versuche unsinnigerweise den freigelegten Schlauch erneut aufzupumpen. Na klar, Luft und Milch spritzen freudig aus dem Loch. Immerhin, ein wenig Luft hält der Schlauch. O.k., doch flicken. Kurzer Druck auf den Nippel im Ventil, um die Restluft rauszulassen. Super Idee, prompt milcht auch das Ventil voll. Schlauch ruiniert. Flicken hat sich damit ebenfalls erledigt. Bei der Suppe im Schlauch und im Ventil, kein Bedarf an weiterem Siff. Schlauch vorsichtig zusammenfalten und in Plastiktüte verstauen, bis zum nächsten Mülleimer oder dergleichen. Im Nachhinein ist klar, dass selbst bei erfolgreicher Verarbeitung, ein zwei Millimeter Schnitt im Schlauch eventuell zu viel für die Milch sein könnte.

Ersatzschlauch aus einer der Seitentaschen kramen, auf Felge drauf schlingen, und Reifen wieder aufziehen. Hätte das gleich machen sollen, den kaputten Schlauch später bei besserer Gelegenheit flicken, am Ende der Tagestour oder so. Sehe aus dem Augenwinkel, wie sich auf dem scheinbaren Trampelpfad unter der Hochstraße der Kleinlaster nähert. Boah, muss der hier doch lang? Ein paar Meter vor dem Betonplateau bleibt er stehen. Mache einfach mal weiter, die werden sich schon melden, wenn sie durch wollen. Das Rad sitzt inzwischen wieder festgeschraubt im Ausfallende und als nächstes wäre der Kettenspanner dran, fuck, wie oft ist mir das schon passiert, vergessen die Kette übers Ritzel zu legen. Demontiere das Rad erneut, aber nur so weit, dass sich die Kette grad so auf das Ritzel heben lässt.

Fernlicht flammt auf. O.k., Sichtkontakt zu den Wageninsassen. Gestikuliere, werde gleich Platz machen, räume hektisch Gepäck, Müll und Fahrrad mit lose eingehangenem Rad bei Seite. Langsam nähert sich der Wagen, stoppt direkt auf Augenhöhe und die Fensterscheibe geht runter. Freundlich, entspannt, und sehr interessiert, erkundigt sich der Fahrer wo ich her käme, wo ich hin wolle, was ich hier mache, und so weiter. Versuche so intelligent wie möglich zu antworten. Er fände das cool, so eine Tour würde er auch gerne unternehmen, wünscht schließlich alles Gute für die Fahrt, vor allem keine weiteren Pannen, und dauerhaft sonniges Wetter – Optimist oder Zyniker – und dann verabschieden wir uns lächelnd. Nette, entspannte Menschen hats hier.

Zurück zum Fahrrad. Die Montage von Hinterrad, Kettenspanner und Schaltbox gehen glücklicherweise ohne weitere Probleme von der Hand. Das anschließende Aufpumpen des Reifens kostet nahezu den Rest verbliebener Kraft, physisch und psychisch. Nach 250 Stößen aus der Minipumpe scheint der Reifen per Hand gefühlt ausreichend prall. Besser nochmal mit dem Luftdruckmesser testen. Doch leider verweigert der auch nach mehrmaligem Drücken auf den Einschaltknopf seinen Dienst. Hoffentlich nur eine leere Batterie. In den Niederlanden hatte das Teil noch funktioniert. Egal. Zurück mit dem Gepäck aufs Rad, den Müll in einem der Pausenmüllbeutel verstauen, und los gehts. Das Fahrgefühl ist allerdings nicht optimal.

Sehe schräg links auf der anderen Seite der Straße eine Tankstelle. So ein Glück aber auch. Oder auch nicht. Das Gerät, das Luft gegen Bezahlung offeriert, wirkt kompliziert – bin vielleicht aber auch nur wieder unterzuckert, wie anscheinend so oft –, auf der Skala eine Angabe in „lb“, das werden wohl „psi“ sein. Stelle sicherheitshalber nur auf 55 lb ein, nicht das der Schlauch platzt auf Grund eines ungenauen oder defekten Druckluftgerätes oder eines Bedienfehlers. Scheint, für einen bestimmten Geldbetrag ist eine festgelegte Zeit lang beliebiges Rumpumpen möglich. Ein Pfund ist der Spaß wert. Angeblich hört das Teil automatisch auf Luft zuzuführen, sobald ein vorher eingestellter Druck erreicht ist. Klappt aber nicht wirklich. Zisch, piep, piep, blink, blink, zisch …. Gebe schließlich auf, als das Display nach mehreren Ansätzen endlich knapp 53 lb zeigt. Rauf aufs Rad und weiter fahren.

Doch das Fahren fühlt sich immer noch nicht richtig an. Was tun? Vergleich mit dem Vorderrad, da waren ursprünglich ca. 0,5 Bar weniger als hinten. Also ein paar Stöße nachpumpen, kann nicht schaden, und merken wie schwergängig sich der Kolben rein drücken lässt. Hinten bis zum selben Kraftaufwand pumpen, pumpen, pumpen und noch ein paar Stöße mehr pumpen. Muss an die Shadoks denken. Genug. Rauf aufs Rad, und jetzt fährt sich das Teil wieder wie gewohnt, vielleicht sogar besser als zuvor. Zu spät blitzt der Gedanke auf, an der Tankstelle nach einer neuen Batterie für das Messgerät Ausschau zu halten. Habe aber sowieso keinen Nerv auf weitere Verzögerung. Muss reichen bis Dingle.

Nach über anderthalb Stunden endlich wieder auf der Spur – die wenig später an einen irren Verkehrsknoten zwischen „Aberafan Shopping Centre“ und M4 führt. Bin beinahe am Verzweifeln. Roundabout mit sieben andockenden Straßen, weiteren Wegen und Pfaden, drumherum, nebendran und oben drüber. Die dem Track folgende Straße irgendwie kreuz oder quer, jedenfalls nicht eindeutig zu erkennen, anscheinend vom Radweg weg führend, was zuerst nicht klar ist. Kopf versagt heute nachhaltig. Eine viertel Stunde später, gefühlt alle Auf- und Abfahrten mindestens einmal ausprobiert, endlich auf dem korrekten Abzweig. Nehme die folgenden Kilometer bis nach Swansea kaum wahr. Auf halber Strecke geht dann plötzlich auch noch das 64s aus. Lässt sich aber zum Glück gleich wieder starten.

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Caldicot–Cymer, Donnerstag 8. Juni

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Caldicot–Cymer, Donnerstag 8. Juni
Reisen, Radreisen

-9:04-

Atlantic Coast Route - part United Kingdom, kurz hinter den „Rogiet Moor Ranges“ bei Rogiet.

Der Tag beginnt, wie der vorangegangene Tag endete, mit dunklen Wolken, einem frischen Lüftchen und leichtem Niesel. Ziehe besser die Regenklamotten jetzt schon an. Nichts desto trotz macht die Fahrt gute Laune, unter anderem auf Grund der abwechslungsreichen, von motorisiertem Verkehr kaum belästigten Strecke. Gelegentliche Flüche, ob des Wetters und der Beschaffenheit des Belags oder Nichtbelags, müssen sein. Mag besonders die Feld- und Wirtschaftswege mit Weitblick oder nur leichtem Busch- und Baumwerk am Wegesrand, inklusive Holterdiepolterstockundstein und düsterem Himmel, der einem auf den Kopf zu fallen droht. Die Städte mit ihren explizit für Radfahrer angelegten, reichhaltigen, komplizierten Lichtzeichenanlagen und Wegführungen nerven allerdings. Der Linksverkehr macht das nicht einfacher, obwohl ansonsten gewohnt. Bin somit regelmäßig gewollt oder ungewollt recht selbstbestimmt und chaotisch unterwegs, so wie gestern in Bristol. Oft aber auch eine Gelegenheit für kurzen Smaltalk mit Passanten oder Radfahrern.

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Devizes–Caldicot, Mittwoch 7. Juni

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Devizes–Caldicot, Mittwoch 7. Juni
Reisen, Radreisen

-9:28-

Weiterhin auf der Capitals Route - part United Kingdom (England 5).

Abfahrt etwas früher als gestern, kurz nach neun. Sitze bei bestem Sonnenschein wieder auf dem Rad und strample in Richtung Bath bzw. Bury View. Fahre nicht weit hinter Devizes scheinbar in ein surrealistisches Gemälde hinein. Dargestellt ist eine Schleusenkaskade im „Kennet und Avon“ Kanal mit 16 Schleusen auf einem knappen Kilometer, und noch ein paar mehr davor und dahinter, insgesamt 29 Installationen auf 3,6 Kilometern. Passt jeweils gerade mal ein Narrowboat der Länge nach rein. Vor lauter Schleusen und Booten, ist kein Kanal mehr zu sehen. Für Leute mit Ruhe, Zeit und Gelassenheit, oder auf Grund der schlichten Notwendigkeit diese Strecke fahren zu müssen - womöglich mehrmals am Tag. Wahrscheinlich weniger übel, als mit dem PKW täglich im stinkenden Stau zu stehen.

Habe den Akku vom GPS über Nacht aufgeladen und das GPS mit eingelegtem Akku hängt jetzt wieder am Forumslader. Der freut sich über das reichliche Gefälle auf der Fahrt flussabwärts. Und nicht nur der.

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Fyfield–London-Ealing, Sonntag 4. Juni

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Fyfield–London-Ealing, Sonntag 4. Juni
Reisen, Radreisen

-8:19-

The Black Bull Inn, die Bar, Sonntag früh am Morgen. Mind your head.

Zimmer warm genug, Zelt ist trocken, ebenso die Taschen und was sonst noch feucht war. Bin früh dran, verstaue also schon mal Zelt und Schlafsack. Frühstück ganz allein. Well, Sonntag, da schlafen die meisten ein bisserl länger. Auf dem Tisch das übliche – Toast, Marmelade etc., Rührei + Lachs – und Porridge zum selbst anrühren. Aludeckel vom Plastikbecher ziehen, Zeuch in Schüssel kippen und heiß Wasser drüber. Klappt erstaunlich gut.

Frühstück mit Instantporridge Frühstück mit Instantporridge

Das Buffet Das Buffet

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Ramsey–Fyfield, Samstag 3. Juni

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Ramsey–Fyfield, Samstag 3. Juni
Reisen, Radreisen

-7:46-

Am Morgen auf dem Zeltgarten hinter dem Pub „The Castle“ in Ramsey, kurz vor der Abfahrt.

Die Temperatur liegt deutlich unter der auf dem Festland. Ade T-Shirt und dünnes Kapuzenshirt. Schlüpfe in den etwas dickeren Kapuzenpulli, der sich schon letztes Jahr in Schottland hervorragend getragen hat. War dort das erste Mal mit Merino Klamotten unterwegs und möchte sie nicht mehr missen.

Komme während des Frühstücks mit dem Zeltnachbarn ins Gespräch und wir unterhalten uns über unsere Räder, Zelte, Zubehör und unsere Touren. Er sei seit ein paar Tagen in entgegengesetzter Richtung unterwegs, Richtung Polen, komme aus Manchester. Nicht die erste Tour, die er fahre.

Mit seinem Hilleberg zwei Personen Tunnelzelt, etwas größer und geräumiger als der eine Person Exped Sarg, sei er sehr zufrieden. Knapp 3 kg bringe es auf die Waage. Liebäugle für die nächste Tour ebenfalls mit einem etwas größerem Zelt, da der Zeltsarg zwar schön leicht ist und für die Nächte ausreicht, aber für längeres Verweilen, z.B. tagsüber bei Regen, Regen, Regen, zu lütt scheint. Das heißt, bequem lässt sich drinnen nicht wirklich viel machen, auf Grund der geringen Innemaße und der speziellen Kubatur. Das Hilleberg hat was. Fahre andererseits meist auch bei Regen, Regen, Regen, wenn er nicht Tage ohne Ende fällt.

An unseren Rädern haben wir die gleichen Bremsen, die gleichen Pedale und die Rohloff. Auch er sei mit den Teilen zufrieden. Ihm gefalle das Argos aber auch insgesamt sehr gut, und er meint, vielleicht brauche er mal wieder ein neues Rad, um dann gleich festzustellen, dass er mit seinem aktuellen Rad doch wunderbar zufrieden sei und rein rational kein Grund vorhanden sei, ein neues Rad aufzubauen. Kann ihm nur zustimmen. Dann zeigt er auf seine Schuhe und erklärt, dies seien die besten zum Radfahren mit Cleats, das Vorgängermodell sei aber noch nicht so gut gewesen. Gibts nicht, trägt der Mann auch noch die gleichen Schuhe, und aus dem gleichen Grund, gute Passform für breite Füße. Einziger Nachteil der Schuhe sei, dass sie schnell anfangen würden zu riechen. Er ist allerdings barfuß darin unterwegs. Früher ebenfalls gemacht. Schwitze aber recht gut am Fuß und schwimme dann mehr oder weniger im Schuh, deshalb seit längeren nur noch mit dünner Merinosocke. Trockener Fuß bei heißestem Wetter, und zu kühl wird die Konfiguration auch erst wenige Grad über dem Gefrierpunkt.

Allein letztes Jahr in Schottland, nach einer Tagstrecke auf dem Rad in strömendem Regen ohne Regenüberzieher, und weiteren sehr feuchten Tagen, so dass die Sandalen nicht wirklich trocknen konnten, fingen sie an etwas zu müffeln. War damals warm genug, und hatte an diesem Tag keinen Bock auf den Regenschutz, dachte immer wieder, ach, das hört doch eh gleich wieder auf. Nach fünf Stunden wars dann egal. Aus dem gleichen Grund ohne Regenjacke weiter gefahren, zu bequem zum umkleiden, nur diese schwere, wasserabweisende, winddichte Trekkingjacke über, die sich mit der Zeit vollsog und von innen zwar leicht feucht wurde, aber erstaunlicherweise kein Wasser durchließ. Musste wahrscheinlich nur 2 Kilo mehr mit rumschleppen. Ohne Regenhose ging allerdings nichts. Schweife ab.

Gegen das Müffeln in den Schuhen hilft übrigens im Vorfeld appliziertes Achselspray ausgezeichnet, zumindest das Weleda Salbei.

Zeit und Wetter reichen nicht zum Trocknen des Zeltes, also bestmöglich das Wasser abgeschüttelt und nass eingepackt, die erdignassen Heringe fix vom gröbsten befreit und separat verpackt.

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Woerden–HvH–Harwich–Ramsey, Freitag 2. Juni

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Woerden–HvH–Harwich–Ramsey, Freitag 2. Juni
Reisen, Radreisen

-7:50-

Im Ort Boskoop, Reijerskoop Europaroute R1 Part Netherlands (Lf4). Hubbrücke über die Gouwe. Bald geht die Fahrt auf kleineren Straßen weiter, abseits vom lärmenden, stinkenden Autoverkehr.

Die Strecke bis dahin ist nicht wirklich schlecht, jedoch verläuft sie zum großen Teil auf einem Radweg neben fetter Straße, wie schon am Tag zuvor, aber immerhin meist mit Grün drumherum und oft recht weit abseits der Straße, insoweit erträglich. Aber auf weiten Abschnitten zieht sich wieder diese elend lange, minimale Steigung im Bereich von 1,5% bis knapp über 2% hin, jeweils gefolgt von kurzem, unwesentlich steilerem Gefälle, während die Straße linkerhand stets nur abzufallen scheint. Ein irres, physikalisch und mathematisch nicht wirklich schlüssiges Phänomen. Das ganze garniert mit reichlich Gegenwind. Vielleicht sollen die Radfahrer ausgebremst werden, damit sie nicht zu schnell werden, die Kontrolle über ihr Gefährt verlieren und in den Autoverkehr rutschen. Oder jemand fand das besonders schön so mit der Topographie. Keine Ahnung. Später gibts zum Glück auch mal längere Gefällestrecken. Auf denen kommt der Velogical zum Einsatz und das hungrige Smart darf am Forumslader laden.

Was zuvor geschah:

Stehe am Morgen in Woerden mal richtig früh auf, den meisten Eventualitäten zuvor kommend, um die Fähre in Hoek nicht zu verpassen. Der Campingplatz liegt noch im ersten Sonnenlicht, kühl, frisch, nur ein paar Enten und Hasen auf der Wiese, alle anderen schlafen noch. Still und einsam, und doch potentiell belebt. Wundervoll. Versuche dem Drumherum entsprechend, ebenso behutsam und leise zu werkeln. Ein weiterer Camper wankt im Gegenlicht verschlafen zu den Sanitäranlagen. Nachdem alles verstaut und aufgeladen ist, folgen ein ausgiebiges Müsli im Stehen, Zähne putzen, etc., und ab in den Sattel, der Sonne, äh, Fähre entgegen. 6:49 Uhr.

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Flierweide–Woerden, Donnerstag 01. Juni

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Reisen, Radreisen

-6:24-

Früh morgens auf dem Campingplatz Flierweide. Die Wiese ist taufeucht bis tropfnass. Zum ersten mal Kondenswasser an der Innenseite des Außenzeltes. Auch Unterlage und Innenzelt sind außen ein wenig feucht. Hänge die unhandlichen Teile übers Spielplatzgerüst und über eine aufgespannte Wäscheleine. Dank großer Freifläche und flachen Geländes kann die Sonne schon um diese Zeit ungehindert ihr Werk tun. Bis zum Packen, nach dem Frühstück, ist alles trocken.

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Lünne–Flierweide, Mittwoch 31. Mai

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Reisen, Radreisen

-6:58-

Das mit Utensilien vollgekleckerte Zimmer im einzig wahren Lünner B&B am frühen Morgen. Zum Glück Dachgeschoss. Das Zimmer ist so warm, dass die in der Nacht gewaschene Kleidung bis zum Packen nach dem Frühstück trocken ist.

Frühstück zusammen mit einem weiteren Gast, an einem anderen Tisch im kleinen, sonnig hellen Frühstücksraum. Spreche sie an und wir unterhalten uns gut, irgendwie vertraut. Sie habe leider keinen Urlaub, sondern sei beruflich unterwegs, Arbeiten an einer Brücke/Schleuse, sie sei Bauingenieurin. So ein Zufall. Doch die sympathische Bekanntschaft ist nur von kurzer Dauer. Die Arbeit ruft und weg ist sie. Frühstücke in Ruhe weiter und denke verträumt, schade dass länger Bleiben keine Option ist.

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Lahde–Lünne, Dienstag 30. Mai

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Reisen, Radreisen

-8:06-

Abschiedsfoto am Eingang zum Campingplatz Lahde.

Ganz früh am Morgen regnet es heftig. Versuche das abzuwarten. Nutzt nichts, muss jetzt aufstehen, aber die Luft ist immer noch von leichtem Niesel gesättigt. Kann das Zelt nur klitschnass einpacken, Frühstück entfällt. Das gibts später in der Bäckerei Kölling in Tonnenheide. Lege gerade das Zelt zusammen, da irrt ein Camper auf dem Rasen umher. Er suche das Häufchen seines Hundes, der wohl aus Versehen alleine auf Tour gewesen sei. Na toll.

Der andere, in entgegengesetzte Richtung fahrende Radler ist schon fort. Hat wahrscheinlich den inneren Schweinehund besiegt, so um 5 Uhr, kurz vor dem Regen. War selbst leider nicht siegreich. Wurde erfolgreich vom Schweinehund genötigt, liegen zu bleiben. Auch der Kanute ist fröhlich am fluchen, da er sich ebenfalls nochmal auf die Seite gedreht habe, nun auf seinen Morgenkaffee verzichten müsse und die nächste Anlegestelle mit Café in weiter Ferne läge.

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